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Canyon de Chelly National Monument

Besiedlungsgeschichte − Wir fahren weiter nach Chinle in Arizona. Dort biegen wir Richtung Canyon de Chelly National Monument ab. Da die Sonne bereits ziemlich tief steht, verlieren wir keine Zeit im Visitor Center, sondern fahren direkt an den südlichen Canyonrand. Doch die Schatten sind bereits zu lang und die Sonne mag den Canyon nicht mehr ausleuchten. Wir fahren zurück zum Parkeingang, wo wir auf dem kostenlosen Cottonwood Campground übernachten.

Am nächsten Morgen befahren wir die nördliche Rimstrasse, die sich am Canyon del Muerto entlangschlängelt. Später absolvieren wir die südliche Route, welche entlang des Canyon de Chelly führt. Verschiedene Aussichtspunkte gewähren Einblicke in die teils 300 Meter tiefen Canyons und auf die Überreste ehemaliger Anasazisiedlungen. Die Besiedlungsgeschichte im Canyon de Chelly verlief ähnlich wie jene in Mesa Verde oder anderen Orten des Südwestens. Die Gegend wurde schon rund 2500 v. Chr. bewohnt; damals allerdings nur als saisonales Jagdgebiet. Die darauffolgende Ära der Basketmaker (Korbflechter) bildete den Anfang der Ackerbautradition, welche später von den Anasazis perfektioniert wurde. Die Anasazis bauten permanente Siedlungen, die sie allerdings gleich wie die Bewohner von Mesa Verde um etwa 1300 n. Chr. aus unbekannten Gründen Richtung Süden verliessen.

Will man die Ruinen aus der damaligen Zeit aus der Nähe betrachten, muss man einen indianischen Führer buchen. Ausser auf dem White House Trail ist der Zutritt ins Innere des Canyons für Touristen ohne Führer tabu. Bei den Führern handelt es sich um Angehörige des Navajo-Stammes, welche den Canyon de Chelly heute bewohnen und bewirtschaften. (Mehr über die blutige Geschichte der Navajos findet ihr hier).

Wir begnügen uns mit dem Blick vom Canyonrand aus. Die Temperatur liegt einmal mehr um die Nullgradgrenze und dämpft unsere Wanderlust auf ein Minimum. Am besten gefällt uns der Spiderrock, eine 240 Meter hohe Felsnadel. Ansonsten löst das Canyon de Chelly National Monument bei uns keine Begeisterungsstürme aus. Das hat nichts mit der landschaftlichen Schönheit zu tun (die ist zweifelsohne vorhanden), als vielmehr mit der Tatsache, dass wir nach den letzten zwei Monaten an einer Übersättigung von Canyonlandschaften und Felsformationen «leiden».

Einen Minuspunkt gibt es für die vielen Navajos, die jeden Aussichtspunkt belagern und an Ständen oder auf Decken ihre Waren anbieten. Auch wenn sie uns nicht bedrängen, empfinden wir es wegen der Masse als störend.

 

Brückenbauer − Vom Canyon de Chelly geht es weiter Richtung Süden. In der Nähe von Ganado halten wir bei der historischen Hubbell Trading Post. Der Handelsposten wurde im Jahr 1876 von John Lorenzo Hubbell gegründet und stieg schnell zur wichtigsten Einrichtung für den Handel zwischen Weissen und den Navajos auf. Hubbell hat während seinen Reisen im Südwesten und während seiner Arbeit als Übersetzer und Sekretär bei verschiedenen Militär- und Handelsposten die Kultur und Sprache der Navajos kennen- und schätzen gelernt. Er verstand es ausgezeichnet, auf die schwierigen Lebensumstände der damaligen Navajos einzugehen. Die Stammesleute waren noch nicht lange aus ihrem Zwangsexil in Fort Sumner zurück (s. Geschichte der Navajos) und mussten sich erst an das Leben im Reservat gewöhnen. Hubbell half ihnen dabei in vielerlei Hinsicht und war stets bemüht das gegenseitige Verständnis zwischen den beiden Kulturen zu fördern. Mehrmals fungierte er für die Navajos als Sprecher und Advokat und vertrat sie vor der Regierung. Zudem nahm er in Notsituationen Kranke Indianer in seinem eigenen Haus auf. Er förderte das Kunsthandwerk der Navajos. Den Webern zeigte er zum Beispiel, welche Muster bei den Weissen besonders beliebt und darum am besten verkäuflich sind. Anderen liess er von Mexikanern das Kunsthandwerk des Silberschmiedens beibringen. Auch in seinem eigenen Unternehmen gab er den Indianern eine Chance und verschaffte ihnen Jobs. Und immer war er darauf bedacht mit den Navajos fairen Handel zu betreiben. Er lieferte ihnen Handelsgüter und Lebensmittel und erhielt im Gegenzug von ihnen gefertigte Schmuckstücke und Webteppiche, die er verkaufte. Seine Handelsstrategie hatte Erfolg. In Hubbell’s besten Jahren gehörten ihm und seinen beiden Söhnen 30 Handelsposten und mehrere Farmen.

Nach dem Tod Hubbells führten seine beiden Söhne die Trading Post weiter. Heute wird die Hubbell Trading Post vom National Park Service verwaltet.